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VITA

 

Ich habe von klein auf gern die Leute unterhalten, habe den Widrigkeiten des Lebens stets mit Sarkasmus getrotzt, habe gesungen, gezeichnet, geschrieben und nochmal geschrieben: Lieder, Gedichte, Hörspiele, Krimis, Gags, Glossen, Kabarett. Vom jeweiligen Presseecho hatte ich nur selten Kenntnis, weil ich meist nicht wußte, wann welcher Interpret wo mit meinen Einfällen gerade unterwegs war. Über lobende Kritiken habe ich mich natürlich gefreut. Allerdings waren selbst die besten nicht immer ein Lesegenuß. 

Wenn von strapazierten Lachmuskeln oder Zwerchfellen berichtet wird oder davon, dem Publikum sei eines ernsten Themas wegen das Lachen im Halse steckengeblieben, ist das nicht originell, aber es ist in Ordnung. Die Phrasen mögen abgegriffen sein, doch sie sagen aus, was sie aussagen sollen, und der Leser weiß, was gemeint ist.

Schwieriger wird es, wenn Feuilletonisten mit exotischen Fremdwörtern und selbstgebastelten Metaphern imponieren wollen. In einer Kritik über Ray Cooneys "Außer Kontrolle" habe ich mal gelesen: "Die Handlung, platt wie ein Pfannkuchen, ist bald vollständig entgleist." Die ganze herrlich vertrackte Geschichte ein Omelett auf Schienen? Nicht doch. Aber auch das ist letztlich eine Stilfrage.

Richtig schade ist es dagegen, wenn ein Journalist seinen guten Eindruck oder gar seine Begeisterung mit Begriffen wie "Kalauer", "Zote" oder "Geblödel" zu beschreiben sucht. Es gibt herrlichen Quatsch, es gibt Pointen, Gags, verrückte Wendungen, aberwitzige Situationen, es gibt unzählige Formen intelligenten Blödsinns – aber Kalauer, Zoten und Geblödel sind was anderes. 

Damit sind wir bei den negativen Kritiken. Die kriegt jeder Künstler von Zeit zu Zeit und muß sie widerspruchslos schlucken. Kritiken stehen über jeder Kritik, obwohl es dafür keinen sachlichen Grund gibt; unter Kritikern gibt es schließlich ebenso wie unter allen anderen Schreibern gute und schlechte.

Außerdem hat jeder Kritiker seinen eigenen Geschmack. Manche mögen es bissig, manche sentimental, manche freuen sich über Anzüglichkeiten, andere suchen Tiefgang und wieder andere sind nur zufrieden, wenn politische Mißstände angeprangert werden.

Es ist auch nicht jeder Kritiker ein Geistesriese; nicht jeder kann jedem Gedankengang folgen. Ich habe vor Jahren mal in einer kleinen Satire den Umstand angesprochen, daß es in Deutschland aus gutem Grund ein Unding wäre, Witze über Schläfenlocken und krumme Judennasen zu reißen, wohingegen Schwule selbst auf Leinwand und Bildschirm nach wie vor als Witzfiguren herhalten müssen. "Die Nazis", schloß mein Text, "haben halt nicht mehr als zehn-, fünfzehntausend Schwule umgebracht. Das liegt wohl noch im ulkigen Bereich." Ein Schwachkopf von der Badischen Zeitung Freiburg fand das antisemitisch.

Deutschland neigt im übrigen dazu, Komik herablassend zu betrachten. Wenn das Publikum sich schlapplacht, ist das für viele – selbst für viele der Lacher – schon ein Beweis für Klamauk. Namentlich Menschen, die sich selbst als Intellektuelle schätzen, schämen sich für ihren Spaß an krachenden Pointen. Wenn man ihnen einen guten Witz erzählt, biegen sie ihr unwillkürliches Gelächter eilig in schmerzliches Stöhnen um, so als leide ihr Luxushirn unter der Zumutung.

Und schließlich: nicht jeder hat Sinn für jede Art von Komik. Speziell in Deutschland hält man beispielsweise Slapstick für klamottig, wie geistreich und virtuos er auch dargeboten wird. Es ist kein Zufall, daß Laurel & Hardy hierzulande "Dick und Doof" heißen. Nur hier gelten zwei der großartigsten Komödianten, die es je gab, weithin als doofe Possenreißer.

Falls Sie ihren berühmten Film "You're Darn Tootin'" aus dem Jahr 1928 noch nicht kennen, können Sie sich hier testen: nehmen Sie sich die Zeit, den Schluß anzusehen. Sollten Sie das Erlebnis danach nicht mindestens drei- oder viermal wiederholen wollen und beim letzten Mal nicht immer noch laut lachen müssen, fehlt Ihnen das nötige geistige Sinnesorgan. Das ist nicht weiter schlimm – man kann auch ohne leben und sich sogar über so manches amüsieren. Lassen Sie als Betroffener aber die Finger von Kritiken über Komödianten. Sie würden ja auch als Blinder kein Fußballspiel kommentieren.

Erich Virch

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